Wenn eine Klavierbesitzerin am Ende der Stimmung spontan ausruft: Ach, so gut hat das Klavier ja noch nie geklungen, dann muss es dazu eine entsprechend bedeutsame Vorgeschichte geben. Diese Geschichte über ein Klavier von Carl Ruckmich, gebaut vor 1912, und damit verbunden wieder einmal eine aufschlussreicher Bericht über den Klavierservice möchte ich Ihnen gerne erzählen.
Mich erwartete ein Klavier mit einem freundlichen Äußeren. Das Klangmöbel war vielversprechend, da es sich um ein Instrument mit hohem Klangkörper handelt. Mit der Höhe des Klangkörpers verbunden ist die Länge der Saiten. Das sind zwei von drei Schlüsselmerkmalen für den guten Klang. Der dritte Faktor ist die Qualität der Filze über den hölzernen Hammerkernen und das heißt konkret, die Elastizität des verwendeten Materials.
Der Name im Klavier ist beeindruckend gestaltet, auch wenn ich den Klavierbauer nicht kenne. Doch ist sehr häufig der Fall und erklärt sich daraus, dass im Verlauf der Geschichte des Klavierbaus vor allem in der Hochzeit um 1900 massenhaft Klavierbauer gab. Im Atlas der Pianonummern sollen 2.500 Klavierhersteller aufgelistet sein.
Das offene Piano verrät mir, dass es generalüberholt worden ist. Das heißt, es wurden
Das ist eine aufwendige und ziemlich teure Reparatur. Daher spricht man von einer Generalüberholung. Nun stellt sich die Frage: Wann muss man ein Klavier komplett überholen? Die Antwort lautet: Wenn massive Schäden und eine starker Abnutzungsgrad vorliegen.
Den Grad der Abnutzung kann man rückblickend aufgrund der neuen Hammerköpfe nicht nicht mehr feststellen.
Dass jedoch Schäden vorhanden waren, lässt sich anhand der mit Holzspänen aufgefüllten Risse im Resonanzboden nachvollziehen.
Neben dem hohen Klangkörper als wesentliches Qualitätsmerkmal verfügt das Klavier auch über eine so genannte Bassbrücke. Das ist eine konstruktive Maßnahme zur Optimierung der Stimmbarkeit sowie des Klangs. Die Bassbrücke gehörte früher zum Standard der Klavierbauer, die sich um ein qualitativ hochwertiges Produkt bemühten.
Nachdem ich schon vorher Kontakt mit der Klavierbesitzerin hatte, wusste ich, dass ich nicht ohne Grund um Hilfe gebeten worden bin. Die Frage stellte sich also: War die aufwendige Reparatur auch gelungen? Nach der Überprüfung mit dem Auge folgt daher nun das Prüfen mit dem Ohr. Hören Sie selbst:
Klavier extrem verstimmtDie Hörprobe ergibt den Verdacht, dass ein visuell bislang nicht erkennbarer Schaden vorliegen könnte. Diesen gilt es nun manuell durch Testen der Haltekraft der Stimmnägel zu prüfen. Das Ergebnis dieser Überprüfung war gemischt. Teils sitzen die Stimmnägel sehr fest. Aber häufig halten Stimmnägel immer an der gleichen Position kaum noch die Saitenspannung. Die von mir ermittelten Ergebnisse erläuterte ich der interessiert wartenden Klavierbesitzerin, die mir erzählte, dass sie früher auf diesem Klavier - also im Zustand nach der Generalüberholung - gelernt habe.
Nach einigen weiteren Sicherungsmaßnahmen begann ich also mit dem Stimmen. Rund zwei Stunden später rief ich die Kundin zum Probespielen. Kommen Sie, liebe Leser, doch einfach mit zum abschließenden Probespiel:
KundenbegeisterungDas Wesentliche der Reparatur, nämlich die Arbeiten am Stimmstock wurden also unbefriedigend ausgeführt. Der Grund dafür liegt in der Tatsache, dass kaum eine Klavierwerkstatt dafür ausgerüstet ist, den Stimmstock aus einem alten Klavier zu fräsen. Erst dann könnte man nämlich die richtigen Maßnahmen ergreifen und den defekten gegen einen neuen Stimmstock austauschen. Nur dann halten die Stimmnägel einwandfrei. Lesen Sie dazu auch meinen Bericht über Klavierreparaturen auf meiner Homepage www.praeludio.de
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